Erkenntnisphilosophie ist keine Theorie,
ist nicht Erkenntnistheorie
I.
Eine Philosophie der Erkenntnis braucht vorab keine “metaphysische“ Paragraphen, wie Immanuel Kant sie seiner “Kritik der reinen Vernunft“ voranstellte, um auf dieser theoretischen Basis sein Werk aufzubauen. Kants Art von Philosophie wurde später “transzendentaler Idealismus“ genannt, ist also eine der vielen unterschiedlichen theoretischen Kategorien der Philosophie.
Ebensowenig braucht die Erkenntnisphilosophie vorab komplexe theoretische “logische Untersuchungen“, wie Edmund Husserl sie seiner phänomenologischen Erkenntnistheorie voranstellte. – Husserls Bemühen um eine “phänomenologische“ Neubegründung der Philosophie an der Wende zum 20. Jhdt. muss allerdings ausdrücklich gewürdigt werden! Von seinem ernsthaften Ringen um die Sache zeugt sein philosophischer Nachlass von ca. 40 000 handgeschriebenen Seiten. Dabei ist nicht zu übersehen, dass Husserls „transzendentale Phänomenologie“ noch stark in der Tradition von Kant verläuft; die philosophischen Rezeptionen bzw. Interpretationen sind recht unterschiedlich: es gibt Lesarten als „phänomenologischer Subjektivismus“ (insofern ein Bezug zur Wirklichkeit der Welt methodisch zunächst „eingeklammert“ wird oder auch gar nicht als möglich bzw. erstrebens-wert erscheint), als „phänomenologischer Konstruktivismus“ (im Zusammenhang mit der sog. „phänomenologischen Gegenstands-Konstitution“) und als „phänomenologischer Idealismus“ (bei Betonung der „eidetischen Reduktion“ mit dem Ziel einer „phänomenologischen Wesensschau“). – Durch Martin Heidegger erfuhr die Phänomenologie anschließend die erste entscheidende Weiterentwicklung, und sie präsentiert sich heute in weiterhin aktualisierten verschiedenen Varianten.
II.
Erkenntnisphilosophie ist nicht eine (weitere) Theorie oder Spekulation über etwas Rätselhaftes oder Unbekanntes; vielmehr leistet sie eine unmittelbare phänomenologische Beschreibung der Erkenntnisfähigkeit selbst. Insbesondere beschreibt sie zunächst Aspekte, Zusammenhänge und den Charakter der beiden angeborenen menschlichen Grundfähigkeiten, auf denen unsere Erkenntnisfähigkeit letztlich beruht, nämlich der #Wahrnehmungsfähigkeit (mit allen Sinnen) und der #Denkfähigkeit (einschließlich Gedächtnis).
III.
Dieser Zugang zur Erkenntnisfähigkeit umgeht den klassischen philosophisch-theoretischen Widerspruch von “Empirismus“ versus “Rationalismus“, indem er beiden Seiten gleichermaßen ihre jeweils originär-eigenständige Qualität zugesteht: In unserer Wahrnehmungsfähigkeit kommt die praktische Erfahrung auf Basis der “Erfassung von Sinnesdaten“ zu ihrem Recht (wie in “Empirismus“ bzw. “Sensualismus“), in unserer Denkfähigkeit, in unserem Verstand wiederum die Vernunft (“Rationalismus“). – “Empirismus bzw. Sensualismus“ und “Rationalismus“ bleiben hier also nicht, wie meist üblich, polar-widersprüchlich bestehen; vielmehr fußt Erkenntnis auf einer Synthesis dieser beiden.
IV.
Die beiden Grundfähigkeiten zur Gewinnung von Erkenntnis, Wahrnehmung und Denken, werden zunächst jeweils für sich eigenständig analysiert und beschrieben bzw. charakterisiert (Kap. 2 und 3 im Buch). Daraufhin wird automatisch sichtbar, wie die Interaktion dieser beiden grundverschiedenen Fähigkeiten zu einer Synthesis führt, nämlich zu Erkenntnis. Insbesondere wird sichtbar, dass und wie das #Denken mit den Inhalten bzw. Phänomenen unserer #Sinneswahrnehmungsfähigkeit umgeht, wie auf diese Weise die #Bildung von Begriffen dieser Phänomene geschieht, und wie uns auf Basis von Begriffen schließlich Erkenntnis möglich wird (Kap. 4 und 5).